3. Tag Dienstag, 26. August 2008.
Über die Ortleralpen (sehr gefährliche Abfahrt)
Das Stilfser Joch ist mit 2757m der höchste Straßenpass der Alpen und wird üblicherweise mit dem Rennrad oder dem Auto befahren. Dank unserer kleinen Gänge können wir die phantastische Aussicht mit viel mehr Muße genießen, als die Schmalradfraktion. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer verpassen ohnehin das meiste, weil sie sich auf die über 48 Kehren konzentrieren müssen. Bald nach dem Ortsanfang von Trafoi zeigt sich der König Ortler mit seiner weißen Stirn und den gewaltigen Felsflanken. Beim Hotel Franzenshöhe kann man den Straßenverlauf bis zur Passhöhe besonders gut einsehen. Auf dem Übergang herrscht Jahrmarktstimmung. Wir fahren auf der anderen Seite des Passes etwa 200Hm bergab, wo von rechts die Umbrailstraße aus dem Schweizerischen Münstertal einmündet. Gleich nach dem Zollgebäude biegen wir nach links auf einen schönen Wanderweg ab, der sich leicht steigend an der Bergflanke Richtung Südwesten hinaufzieht. Dieser Trail ist in großen Teilen gut fahrbar, bis zur Scharte, die Bocchetta di Forcola. Auf der anderen Seite der Scharte fahren wir bis zu einer Ruine, die einmal ein Lazarett gewesen sein soll. Danach queren wir auf einem verfallenen Weg schräg aufwärts zur Bocchetta di Pedenoletto, wo wir auf fast 2800m, den höchsten Punkt unserer Transalp erreichen. Auf der folgenden Hangquerung zur Bocchetta di Pedenolo müssen wir nochmals kurz schieben. Von dort zieht sich in weiten Kehren einer jener Militärwege aus dem ersten Weltkrieg bergab, die auf Denglisch Dynamite-Trail heißen und der in Anbetracht seines Alters und seiner Höhenlage erstaunlich gut erhalten ist. In flotter Fahrt vernichten wir einige hundert Höhenmeter, bis sich plötzlich ein Abgrund vor uns auftut. Im ersten Moment können wir nicht erkennen, wo und wie es weitergeht. Tatsächlich windet sich der Weg, an manchen Stellen abgerutscht oder verschüttet, durch die fast senkrechte Felsflanke. Hier kann dich der kleinste Fahrfehler 500m tiefer katapultieren, also bergab schieben. Erst als der Pfad wieder besser und das Gelände flacher wird, steigen wir wieder in den Sattel und rollen hinunter zu der Brücke über den Forcolabach. Auf einem guten Almweg geht es an der anderen Talseite weiter abwärts zum Lago di Cancano, einem von zwei großen Stauseen. Wir überqueren die Staumauer und fahren noch wenige Meter zu unserer nächsten Unterkunft, dem Ristoro Monte Scale. Das kleine Haus in einsamer Gegend ist nach wie vor gemütlich, die Schlaf- und Sanitärräume sind neu renoviert und das Essen verdient mindestens drei Sterne.
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