MTB-Alpenüberquerung-Lindau-Lugano, im Juni 2019
1.Tag: Lindau am Bodensee - Alvaheu, Bad (Tiefencastel)
Start war um 9:00 Uhr auf der Insel in Lindau. Die ersten Kilometer geht es entspannt auf dem Bodenseeradweg am Seeufer entlang nach Bregenz. Durch die Bregenzer Innenstadt Richtung Schweizer Grenze am Rhein.
Ab da geht es auf Schotterwegen und kleinen Trails zwischen Rheinkanal und Nebenflüssen flussaufwärts. Etwa ab Diepoldsau auf dem asphaltierten Rheindammweg neben der Autobahn. Nach gut 60 km gönnen wir uns in einem kleinen Cafe in Vaduz eine Pause und lassen den "großen" Rummel um dieses beschauliche Steuerparadies auf uns wirken.
Weiter geht es auf dem Damm bis Landquart, dann verlässt unsere Route ihn und führt weiter auf Schotterwegen und kleinen Uferwegen immer den Rhein entlang bis Domat/Ems. Es folgt der erste ernsthafte Anstieg des Tages um die Rheinengstelle bei Rhazüns abseits der Talstraßen zu überwinden - schöner Blick hinunter auf den Fluss.
Danach lassen wir Thusis rechts liegen und fahren über Sils i.D. auf die Passstraße Richtung Tiefencastel (beleuchtete Tunnels). Einige Tunnels kann man umfahren, aber ansonsten gibt es bis zur berühmten Solisbrücke keine Alternative. Dann verlassen wir die Straße wieder und kämpfen uns auf Nebensträßchen und Schotterwegen, immer wieder unterbrochen von kleinen Trails, hoch über der Straße ins Albulatal nach Alvaheu, Bad.
Doch im Frühsommer sind dort die Übernachtungsmöglichkeiten dürftig bis nicht vorhanden. Die Empfehlung einer sehr netten Einheimischen klingt so gut, dass wir uns nochmal 2,5 km und 200 HM bis zum Hotel Belfort in Alavaheu, Dorf aufbürden. Dort wartet ein toller Gastgeber mit Sonnenterrasse und leckerem regionalem Essen.
Ein "Marathon-Tag" mit 8:00 h Fahrzeit, 150 km und 1.690 HM.
2.Tag: Alvaheu, Bad - Pontresina
Nach einem tollen Frühstück starten wir bei bedecktem Himmel zuerst wieder hinunter ins Tal. Bis kurz nach Filisur gemütliches Einrollen im Albulatal. Kurz nach Filisur kommt der erste knackige, aber fahrbare Anstieg des Tages hinauf nach Bergün. Dort wird unsere geplante Route durch die Unwetter der vorangegangen Tage plötzlich unterbrochen. Wir müssen auf die Passstraße ausweichen. Dort bleibt man am besten auch bis zur Passhöhe,
denn die Alternative bis Preda, welche wir genommen haben, und der Weg rechts vom Palpuognasee, sind zwar beide zu Beginn reizvoll zu fahren, enden aber jeweils mit einer 30 minütigen Schiebe- und Tragepassage.
Ab der Passhöhe gibt es vermutlich wieder schöne Trailpassagen hinunter ins Engadin. Uns waren diese Ende Juni 2019 nicht vergönnt, da einfach noch zu viel Schnee lag. Folglich rasen wir auf der Passstraße zu Tal. Ein Highspeed-Vergnügen. Ab La Punt über Kuhweiden wieder ins Gelände am Talrand gegen den Maloja-Wind. Kurz vor Celerina gehen wir aus dem Wind und radeln auf geruhsamen geschotterten Radwegen nach Pontresina. Da wir auf den ungeplanten Tragepassagen viel Zeit gelassen haben, entschließen wir uns für einen frühen Stopp, schließlich wollen wir den Bernina genießen. Bei Hans im Hotel Hauser finden wir eine urgemütliche und für Pontresina sehr günstige Unterkunft. Vor dem Hotel läßt sich in der Sonne mit einem kleinen Bierchen und Familienanschluss der Spätnachmittag genießen.
Der "Wander-Tag" mit 5:20 h, 56 km und 1.960 HM.
3.Tag: Pontresina - Berbenno di Valtellina
Gestärkt von dem leckeren Frühstück bei Hans fahren wir bei schönstem Sommerwetter durch die wasserreichen Almwiesen parallel zur Bahnstrecke Richtung Bernina-See. Bis auf wenige Meter Passstraße immer auf geschotterten Wegen oder fahrbaren Trails. Richtung Alp Grüm ist meines Wissens auch alles fahrbar, wir müssen Ende Juni öfters absteigen und über Schneefelder schieben und tragen, welche gottseidank weich sind. Wären diese gefroren, hätten wir umkehren müssen, da sonst die Rutschpartie im eiskalten Bernina-See enden würde.
Auf der Sonnenterrasse der Alp Grüm - hier gäbe es auch eine Übernachtungsmöglichkeit - genießen wir bei einem Capucchino die herrliche Aussicht auf den Bahnhof des Bernina-Express, die 360° Kehren, das Poschiavo-Tal und den Gletscher des Piz Palü.
Was dann folgt ist für uns Genuss pur. 1.000 Hm für uns gerade noch fahrbarer Singletrail, S 2 - 3 nach unserer Einschätzung, mit mehrfacher Überquerung der Bahnlinie. Die mentale Beanspruchung fordert im schönen Poschiavo eine Mittagspause. Der Rest der Abfahrt nach Tirrano läßt wieder Zeit für die schönen Bergpanoramen, ehe unsere Route in knackige Weinbergwege mit Schiebe- und Tragepassagen im Valtellina-Tal übergeht. Nach ca. 1 h sehen wir ein, dass wir auf der geplanten Route unser Tagesziel nie erreichen werden und wechseln auf die "Strada del vino", welche bis zu unserem Etappenziel Berbenno bei plötzlich 30° C im Schatten am Talrand immer noch genügend Höhenmeter bereit hält.
Im Agriturismo La Singéla finden wir dort mit Mühe und viel Glück eine Unterkunft. Das Restaurant und der Laden im Ort haben geschlossen, es ist Montag ! in Italien. Zum Abendessen müssen wir deshalb nochmal ins Industriegebiet im Tal. Deshalb empfehlen "Nachfahrern" bei Tirrano zu übernachten.
Der "Genuss-Tag" mit 7:12 h Fahrzeit, 92 km und 1.720 HM.
4.Tag: Berbenno di Valtellina - Fopollo
Die geplante nächste Etappe führt in das Naturschutzgebiet "Parco delle Bergamasche" Richtung Bergamo, ein schwach strukturiertes Gebiet. Durch die schlechte Erfahrung des Vortages und wegen der schlechten Gewittervorsage rufen wir schon morgens ein mögliches Hotel am Tagesziel an, bzw. lassen von der überaus freundlichen und hilfsbereiten Gastgeberin des La Singéla dort anrufen - denn englisch ist in dieser Gegend wenig verbreitet und unser italienisch ist eher dürftig. Es war eine gute Idee. Das mögliche Hotel hat noch geschlossen, doch wir erhalten den Hinweis, dass im Retortenskiort Fopollo das Hotel "Adler" geöffnet hat. Wir lassen ein Zimmer reservieren.
Wir fahren von Berbenno (wieder ins Tal (300 m) hinab und klettern dann auf dem Anfangs betonierten Sträßchen mit vielen Serpentinen zum Passo Dordona auf 2063 m hinaus. Ab etwa 1.200 m Höhe wird es steil, teilweise geht es auf groben Steinen am herabstürzenden Bach entlang hinauf. Die steilsten Stellen sind zwar betoniert, doch Vergnügen ist anders. Kurz vor dem Rifugio Dordona (ca. 1850m) beginnt ein erster Gewitterschauer. Wir stehen dort kurz unter,
geöffnet haben die Rifugios fast alle noch nicht (nur ca. 28.6. bis 30.8.). Ab dem Refugio ist der Weg bis zur Passhöhe dann nicht mehr so steil und gut fahrbar.
Bei der Abfahrt nach Fopollo (1.600m) drohen die Gewitterwolken immer mehr. Wir finden gerade noch den "Adler", bevor die Welt untergeht. Die Gastgeber freuen sich und bewirten uns vortrefflich. Wir 3 sind die einzigen Gäste. Zur Regeneration werfen Sie für uns sogar die Sauna an.
Der "Wellness-Tag" mit 4:35 h Fahrzeit, 32 km und 1.900 HM.
5.Tag: Fopollo - Dervio
Die Sonne weckt uns am Morgen, die Gewitter haben aufgehört. Nach dem guten Frühstück im Adler rollen wir auf der Zufahrtsstraße der Skistation 1.000 Hm südlich hinab Richtung Poebene bis Piazza Brembana. Dort wechseln wir die Richtung gen Westen und fahren auf der Straße bis Valtorta gemütlich bergan. Ab dort geht es auf einem für den öffentlichen Verkehr gesperrten, größtenteils asphaltierten Sträßchen hinauf bis zum Rifugio V. Ratti auf 1.700 m - ebenfalls geschlossen.. Dort oben haben auch Downhiller ein Revier - Skigebiet mi Liften. Wir schauen uns die Einstiege zweier Strecken an und entscheiden, dass das nichts für uns Tourenfahrer ist. Wir nehmen den groben Geröllweg bergab, der wie es sich herausstellt, für uns schwierig genug ist. Von den Italienern völlig "lieblos" mit teilweise über 30 % Gefälle in den Berg gezimmert, fordert er uns und den Bremsen über fast 1.000 Hm alles ab.
Über Primaluna fahren wir danach deutlich entspannter auf schönen Radwegen hinab zu unserem Etappenziel Dervio am Comer See. Ein Bad im See, um den Schweiß abzuspülen - herrlich. In der Villa Steffi (Villa aus dem 19.Jh) finden wir eine angenehme B&B-Unterkunft nahe der Ortsmitte. Auch hier ist der Sommertourismus noch nicht angekommen. 3 von 4 Restaurants in der fußläufigen Nähe haben zu. Nur in der Camping Pizzeria am See werden wir fündig. Diese ist aber durchaus zu empfehlen - Radlerportionen und schneller, freundlicher Service.
Der "Asphalt-Tag" mit 5:25 h Fahrzeit, 83 km und 1.570 HM.
6.Tag: Dervio - Gravedona
Am folgenden Tag lassen wir den Comer See nur selten aus den Augen. Am Morgen begeben wir uns sofort in den Anstieg auf der Straße nach Tremenico. Von dort zweigt das kleine, sehr gleichmässig zu fahrende Sträßchen hoch zum Rifugio Roccoli Lorla ab. Kurz vor der Passhöhe zweigt nach links eine ca. 2 km lange Schotterpiste zum Monte Legnoncino ab. Dort oben an einer ehemaligen Militärstellung angekommen, lohnt sich der Fußweg vor zur Madonna.
Von dort hat man einen grandiosen Blick über den gesamten nördlichen Teil des Sees.
Zurück geht es die Schotterpiste zur Passhöhe. Dann auf den Wander-/Fahrradweg Richtung Sommafiume.
Hier bitte nicht unserer Route folgen, da dies eine 45 min. üble Tragepassage zur Folge hat. Auch nach Sommafiume gibt es kleinere Tragepassagen, aber diese sind überschaubar. Nach Sommafiume folgen dann auf unserem Trail 800 Hm herrliche fahrbare Singletrails fast bis hinunter an den See. In Colico belohnen wir uns bei der Mittagsrast mit einigen "Panachés" und mit lecker belegten paninis
Nach der Pause geben wir dann die Seetouristen und radeln auf dem Radweg um das Nordende des Sees, bewundern die Surfer und Kite-Surfer bis zu unserem heutigen Etappenziel Gravedona. Natürlich darf am Ende auch hier ein ausgiebiges Bad nicht fehlen. Und eine tolle B&B Unterkunft am See finden wir auch noch: La Resega (?)
Supertolle Gastgeberin mit tollem Frühstück.
Der "See-Tag" mit 5:10 h Fahrzeit, 55 km und 1.680 HM.
7.Tag: Gravedona - Lugano
Weiter geht es am nächsten Morgen meist auf dem Radweg, ab und an auf kleinen Straßen, aber abseits der Hauptstraße Richtung Menaggio. Am frühen Morgen erstaunlich gut zu fahren. Kurz vor Menaggio verlassen wir den See und klettern am Anfang eine Rampe hinauf zu einer in die Berge führenden Nebenstraße Richtung Barna.
Dort folgt ein kurzes Stück ein Singletrail hinunter ins Tal, der zu großen Teilen fahrbar ist, wenn nicht, wie gerade bei uns ein Unwetter ein Windbruch verursacht hat. Die Höhe des Luganer See ist nun erreicht. Weiter geht es wellig über Naggio-Gottro-Corrodo, dann stetig hinauf bis Dasio, wo die asphaltierte Straße an einem Brunnen endet. Von hier windet sich ein teilweise steiler und übler Karrenweg hinauf zum Rifugio San Lucio auf 1570m Höhe. Das lädierte Hinterteil wird auf eine letzte Probe gestellt ! Und oben - ein Wunder ! - das Refugio hat geöffnet. Der Wirt mit olivgrünem Unterhemd und rauchender Zigarette belohnt uns mit herrlich schmeckenden kühlen Panachés. Wir sind die einzigen Gäste.
Auf einem schön zu fahrenden Naturweg geht es hinab ins Tal bis wir in Certara wieder auf kleine Sträßchen kommen, die verkehrsarm bis nach Lugano führen. Dort finden wir im Hostal Montarina eine günstige und empfehlenswerte Unterkunft. Eine tolle Tour liegt hinter uns.
Der "Rifugio-Tag" mit 5:50 h Fahrzeit, 75 km und 2.080 HM.
8.Tag: Lugano - Lindau
In der Nacht Gewitter und Starkregen, am Morgen hört der Regen jedoch mal auf und wir kommen einigermaßen trocken zum Luganer Fußballstadion, von wo uns der Flixbus pünktlich um 10.°° Uhr mit den Rädern einlädt und pünktlich um 14.30 in Lindau wieder aussteigen lässt. Eine superbe Möglichkeit und günstig dazu.
ANMERKUNG.
Die beschriebenen unseligen Tragepassagen habe ich der nachträglich größtenteils herausgenommen. Viel Spaß beim nachfahren !
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