Im Jahr 2008 befuhren wir das Val Mora zusammen mit den Bikebeissern, die am jährlich stattfindenden Nationalpark-Bike-Marathon die Strecke von Scuol-S-charl-Pass Costainas-Lü-Tschierv-Fuldera-Valchava-Passo di Fraele hinüber nach Livigno teilnahmen. Wir waren damals bis zu den Stauseen Lago di San Giacomo di Fraele und Lago di Cancano auf gemeinsamer Strecke von Lü bis zu den Seen mitgestrampelt, ließen die auf Tempo getrimmten Radler gerne an uns vorbeirennen, denn die Landschaft nur im Flug an sich vorbeiziehen zu lassen wäre viel zu schade. Schon die Auffahrt über das Val Vau in die Höhe von Döss Radond und dann hinunter ins Val Mora mit den steilen Kiesrutschen und am Ende die türkisgrünen Seen, verdienten ein immer wieder Stehenbleiben und Schauen. Vor dem Hintergrund dieser schönen Erinnerungen plante ich die Tour in umgekehrter Reihenfolge zu fahren. Der Tour-Start sollte am Stilfser Joch erfolgen und Richtung Bormio abwärts verlaufen, um dann zu den Seen wieder aufzufahren und durch das Val Mora zurück zu unserem Standqaurtier im Hotel Greif in Mals zurückzukehren. Das Unternehmen gelang, fast 3000 Höhenmeter verliefen über ca. 40 km bergab, demgegenüber standen 1200 Höhenmeter bergauf, einmal zu den Seen und dann vom Val Mora bis Dös Radond. Welches Teilstück am Schönsten war, läßt sich in der Rückschau schwer beurteilen. Die gesamte Tour ist ein einziger visionärer Genuß, dazu die akustischen Eindrücke von pfeifenden Mankeis oder den Vögeln. Die Wiederholung hat sich gelohnt.
Der Shuttlebus holte uns in Glurns ab und fuhr nicht wie ausgemacht über Santa Maria und Umbrail aufs Stilfser Joch (25 € p.P. bei Onlinebuchung), sondern über Prad und Stilfserjochstraße. Das ist ungleich strapaziöser (48 enge Kehren bei ständigem Gegenverkehr mit starkem Abbremsen und Gasgeben) als der Weg über Santa Maria. Schuld waren zwei junge, englischsprechende Bikerinnen die den Fahrer in einen Gewissenskonflikt brachten, weil er nur 8 Personen transportieren darf und durch die nicht vereinbarte Mitnahme dieser zweiten Bikerin, die Teilnehmerzahl überschritten wurde. In der Schweiz würde der Fahrer seine Fahrerlizenz riskieren. So waren wir alle Betroffene und ärgerten uns. Die "Damen" verhielten sich unmöglich und quatschten die ganze Auffahrt laut als säße niemand anderer mehr im Bus und beanspruchten die vorderen Plätze neben dem Fahrer. Ein zweites Mal würden wir uns das nicht gefallen lassen.
Herrliches Wetter, freie Sicht und kühle Temperaturen empfingen uns am Joch. Nach kurzer Eingewöhnung und Ankleidung rüsteten wir uns zur Abfahrt Richtung Bormio. Nach dem Abzweig links am Umbrailpass fuhren wir auf sehr schöner Staatsstraße hinab ins Valle del Braulio, ca. 18 km durch Lawinengalerienen und Tunnels. Die Mitnahme einer Beleuchtung machte sich bezahlt. Entgegenkommende Radler zu hauf, einer sogar mit einem Klapprad mit Minibereifung, mehrere Tandems, unzählige Rennradler, sehr abwechslungsreich. Die vielen Motorräder störten weniger, weil abwärts nicht so aufgedreht wurde. Auf Höhe 1559 geht rechts an einem beschriebenen Grenzstein die Straße nach Cancano ab. Am Fluss Adda entlang schließt sich ein 7 km langer, sehr schöner Aufstieg zu den Seen an. Durch Lärchenwald, auf bester Kiesfahrbahn erreicht man den herrlichen Rastplatz Grasso di Solena. Danach ist es nur mehr ein Katzensprung zum Cancano See. An dessen Ostufer geht es weiter bis zur Staumauer die den Cancano-See vom San Giacomosee trennt. Hier lohnt eine Auffahrt. Weiter geht es nun am Ostufer des Giacomosees zum Passo die Fraele ins Val Mora. Diese Traumpassage hat ein paar ausgesetzte Stellen und mehrere kleine oder größere Steilrampen. Wer nicht so sicher ist, sollte lieber hin und wieder absteigen. Nach diesen Passagen durch Latschenbestände lehnt sich das Gelände zurück und pures Spaßbiken ist angesagt. Jetzt geht es immer leicht ansteigend in die Hochebene bis Dös Radond dem Scheitelpunkt. Murmeltiere pfeifen und lassen sich beobachten. Wir sind überrascht welche Veränderungen durch Bewuchs hier entstanden sind. Überall Bäume wo vorher keine waren und seitlich sehr viele Kiesrutschen, die vorher nicht da waren. Die Klimaveränderung bringt auch hier die Berge ins Rutschen. Ab Döss Radond geht es hinein ins Val Vau, das wir damals so herrlich bei der Auffahrt erlebten. Nun geht es flott hinunter und wir schlagen den weg nach Santa Maria ein. Diese für uns neue Strecke ist sehr gut befahrbar. Nach Santa Maria fahren wir den ausgeschilderten Radweg hiunter durch das Val Müstair. Bei Taufers müssen wir wieder ein kurzes Stück zur Bundesstraße (die Radweg-Umleitung ist gut ausgeschildert) ehe es dann hinunter nach Latsch und auf dem Reschenradweg bis Schleis und zurück nach Mals geht.
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